Studie zur Produktivität im Baugewerbe.
Studie zur Produktivität im Baugewerbe. (Quelle: Baywa)

Branche im Blick 24. April 2023 Baywa präsentiert Studie zur Produktivität im Baugewerbe

Laut einer Studie der internationalen Strategieberatung EY-Parthenon und des Geschäftsbereichs Bau der Baywa könnten in Deutschland mit bestehenden Ressourcen bis zu 15 Prozent mehr Gebäude errichtet und gleichzeitig 10 Prozent der Baukosten eingespart werden. Um dieses Ziel zu erreichen, seien Produktivitätssteigerungen entlang der Wertschöpfungskette des Bauens notwendig. Die besten Hebel dazu liegen nach Einschätzung der Experten in der industriellen Vorfertigung von Bauteilen, in der digitalen Prozessoptimierung und im seriellen Bauen.

„Die Steigerung der Produktivität entlang der Wertschöpfungskette des Bauens ist einer der Schlüssel, um mehr Wohnraum in Deutschland zu schaffen und Kosteneinsparpotenziale zu erschließen. Indem wir jedes Gebäude wie bisher von Grund auf neu planen und neu bauen, verschwenden wir vorhandene Ressourcen. Das Bauen der Zukunft muss deutlich digitaler, standardisierter und damit kosteneffizienter werden“, sagt Steffen Mechter, Leiter Geschäftsbereich Bau der Baywa und Co-Autor der Studie.

Bauteile aus der Fabrik

Der wirkungsvollste Hebel für eine Produktivitätssteigerung im Hochbau ist der Studie zufolge die industrielle Vorfertigung. Wenn Arbeitsschritte von der Baustelle in eine Fabrikhalle verlagert und dort Bauteile in optimierten und zum Teil automatisierten Prozessen erstellt werden, werden viele Arbeitsschritte verkürzt und vereinfacht, so die Studienautoren. Dabei könne industrielle Vorfertigung unterschiedliche Formen annehmen: Vom Einsatz vormontierter Baugruppen bis zum Bau von vorab komplett ausgestatteten Raummodulen inklusive technischer Ausstattung. „Beim elementbasierten Bau lassen sich beispielsweise bei einem Mehrfamilienhaus mit etwa 25 Wohneinheiten bis zu 15 Prozent der Kosten einsparen,“ so Björn Reineke, Partner bei EY-Parthenon. Elementbasiertes Bauen habe noch weitere Vorteile: Prozesse könnten unabhängig von Witterungsbedingungen durchlaufen, die hohe Fragmentierung der Arbeitsteilung werde zum Teil aufgehoben. Und ein hoher Grad an Vorfertigung mindere die Fehlerquote, verhindere Verzögerungen und mache den Betrieb auf der Baustelle effizienter und sicherer. Zeitlich könne die Verlagerung eines Teils der Wertschöpfung in die Werkshalle den Bauprozesssogar um bis zu 30 Prozent verkürzen, heißt es von den Autoren der Studie.

Digitale Prozessoptimierung

„Gerade die Komplexität und Fragmentierung im Hochbau verlangt nach durchgängiger Struktur und hoher Transparenz,“ wird Volkmar Schott, Partner bei EY-Parthenon, zitiert: „Die digital gestützte Prozessoptimierung ist darum ein wirksamer Hebel, um die Produktivität im Bau zu steigern.“

Beim optimierten Bauprozess, beispielsweise gestützt durch BIM und nach Lean-Prinzipien, werde ein Teil der Entscheidungen in die Planungsphase vorverlagert. Dadurch nehme zwar die Planung mehr Zeit in Anspruch, die Bauphase werde aber verkürzt, heißt es in der Studie. Bis zu 15 Prozent Zeitersparnis seien möglich, was je nach Bauwerk mehreren Monaten entspreche. Die optimierte Planung vermindere auch nachträgliche Plananpassungen, die häufig einen hohen Abstimmungsbedarf zwischen den Gewerken und somit Verzögerungen nach sich ziehen würden. Zudem müssten 10 bis 20 Prozent Zusatzkosten bei heutigen Bauprozessen zu den ursprünglich kalkulierten Kosten angenomme werden. Beim Bau eines Mehrfamilienhauses mit cirka 20 bis 30 Einheiten könnten diese Zusatzkosten laut der Studie durch den optimierten Bauprozess um bis zu 50 Prozent reduziert werden, im Verhältnis zu den Gesamtkosten also um bis zu 10 Prozent.

Serielles Bauen

Der dritte wichtige Produktivitätshebel, den EY-Parthenon und Baywa Bau für die Hochbaubranche sehen, ist die serielle Herstellung, wie sie beispielsweise von der Automobilindustrie bekannt ist. Dieses Prinzip könne auch auf das Baugewerbe übertragen werden. Allerdings nur in bestimmten städtebaulichen Situationen und in begrenztem Rahmen. Voraussetzung sei, dass größere Flächenverfügbar sind, die durch einen Investor entwickelt und bebaut werden. Hier werde eine einmalige Planung von Gebäuden vorgenommen, die dann mehrfach gebaut würden. Individuelle Abweichungen seien möglich, aber nur in begrenztem Umfang.

„Neben dem deutlich geringeren Aufwand für die Planung lassen sich beim seriellen Bauen auch Skaleneffekte über den Einkauf großer Materialmengen erzielen,“ erläutert Strategieberater Reineke. Die parallele Umsetzung des Bauprojekts ermögliche zudem eine Prozessoptimierung, weil bei Verzögerungen Ausweichmöglichkeiten bestünden und Lerneffekte sofort übertragen werden könnten. Insgesamt können nach Berechnungen von EY-Parthenon und Baywa Bau dabei bis zu 10 Prozent der Kosten gegenüber individueller Bebauung eingespart werden.

Die Studie „Ausbaufähig – Wie die Baubranche ihre Potenziale entfalten kann“ können Interessierte hier herunterladen.

zuletzt editiert am 24.04.2023