TDH Technischer Dämmstoffhandel Seit 1. Januar 2021 ist das Unternehmen TDH Technischer Dämmstoffhandel Gesellschafter der Hagebau. 2020 hat es außerdem einen neuen Standort in Castrop-Rauxel eröffnet. Wie dieser sich entwickelt, was das Unternehmen TDH so besonders macht und warum es ein eher ungewöhnlicher Gesellschafter innerhalb der Kooperation ist, haben wir beim Gespräch mit den Geschäftsführern Udo Beinenz und Marcus Werner vor Ort in Castrop-Rauxel erfahren.
Rein strategisch war es für uns unheimlich wichtig, hier im Ruhrgebiet einen Standort zu haben, weil wir deutschlandweit liefern wollen“, betont Marcus Werner direkt zu Beginn des Gesprächs. Warum dann speziell Castrop-Rauxel? Der Standort sei von der Verkehrslage her interessant: Er ist sehr dicht an den Autobahnen — ein Vorteil, da sie auch Abholgeschäfte haben und somit für ihre Kunden gut zu erreichen sind. Zudem sitzen sie auf der einen Seite zentral im Ruhrgebiet und auf der anderen Seite ist es nicht weit nach Münster beziehungsweise weiter in den Norden. Mit ihrem Standort in Hamburg haben sie zuvor bereits den Bereich bis Osnabrück bedient und konnten nun daran anschließen und das Verbreitungsgebiet hervorragend ergänzen, wie der Geschäftsführer weiter ausführt. Dieser weiße Fleck auf der Landkarte der deutschlandweiten Lieferung ist seitdem geschlossen. Welche Regionen fehlen nun noch? Bayern und Baden-Württemberg seien noch offen, wie unsere Gesprächspartner erläutern. Deshalb sei es geplant, innerhalb der nächsten drei Jahre zwei weitere Standorte zu eröffnen. „Wir haben das Ziel, die TDH als Marke zu etablieren und deutschlandweit bekannt zu werden“, betont Werner selbstbewusst.
Start des Standorts fiel in herausfordernde Zeit
Der Start des Standortes fiel dabei in eine herausfordernde Zeit: Kurz nach der Eröffnung begann die Corona-Pandemie. „Wir hatten natürlich kurz nach der Gründung des Standortes mit dem Lockdown ein Problem“, erinnert sich Udo Beinenz. So hätte es beispielsweise Behinderungen bei den gewerblichen Baustellen gegeben. „Das hat uns insgesamt in der ganzen TDH-Gruppe betroffen. Aber wir konnten dann im laufenden Jahr den Rückstand wieder aufholen.“ Seitdem hätte es am neuen Standort fortlaufend steigende Umsätze sowie eine Ausweitung des Geschäfts gegeben. Insgesamt seien sie „sehr, sehr zufrieden“ mit der Entwicklung, bereits im zweiten Jahr hätten sie ein positives Ergebnis verzeichnen können, was für einen neuen Standort sehr schnell sei, so Beinenz. Konkrete Angaben dazu wollten beide jedoch nicht machen.
Wie schätzen unsere Gesprächspartner nun die Aussichten für 2023 und die kommenden Jahre ein? „Wir gehen davon aus, dass es im Markt für unseren Bereich einen Rückgang von circa vier bis acht Prozent im Volumen geben wird“, sagt Beinenz. Nichtsdestotrotz rechnen sie eigentlich mit einem stabilen und guten Jahr, wie der Start aus ihrer Sicht bereits gezeigt habe. „Wir gehen davon aus, dass wir dieses Jahr weiter wachsen werden, wobei die Produktion in Goch eine wichtige Rolle spielen wird“, ergänzt Werner.
Markt werde sich durch Fachkräftemangel verändern
Die derzeit politische Ausrichtung bezüglich Dämmung und Energiesparen hat dabei keine Auswirkungen auf ihr Geschäft, haben sie doch mit der Dämmung im klassischen Ein-, Zwei- sowie Mehrfamilienhausbau wenig zu tun, sondern sind auf die technische Isolierung spezialisiert. Unter diesem Oberbegriff sind verschiedene Bereiche vereint: Industrie (Industrieisolierungen), Haustechnik (Heizung, Sanitär), Brandschutz (Industrie und Gewerbebau), Kälte- und Klimatechnik, Befestigungssysteme sowie Schiffbau. Damit hätten sie nicht nur andere Dämmstoffhändler als Wettbewerber, sondern auch Sanitärhandelsgruppen, wie unsere Gesprächspartner erläutern. Doch der Markt werde sich verändern: Ihr Hauptkunde sei der Isolierer, wie Werner ausführt. Aber sie hätten mittlerweile auch Heizungsbauerkunden und Kältetechnikfirmen. Dies liege am Fachkräftemangel innerhalb des Handwerks. „Für den Isolierer wird es immer schwieriger, Auszubildende und Fachkräfte zu finden. Andere Fachunternehmen übernehmen seine Arbeit dann mit und wir müssen uns auf diese neuen Kundengruppen einstellen. Damit haben wir schon vor Jahren begonnen und sind hier nun sehr weit fortgeschritten“, so Werner.
Wie genau sieht diese Einstellung auf veränderte Kundengruppen aus? „Wir sind in einem ständigen Entwicklungsprozess.“ Viel mehr möchte er dazu aber nicht verraten, wie er lachend ergänzt. Mittlerweile seien sie über 100 Mitarbeiter, viele davon noch jünger: Im Vertrieb innerhalb der TDH-Gruppe hätten sie 30 Mitarbeiter, die unter 40 Jahren seien und die Hälfte davon sei wiederum unter 30. Dies sei ihre Stärke. Dabei ist es ihnen wichtig, eine interessante Firmenkultur zu bieten: „Unsere Mitarbeiter sollen ihre Persönlichkeit nicht vorne am Eingang abgeben. Wir brauchen authentische Leute, Querdenker, wir brauchen Menschen, die innovativ sind, Spaß an der Arbeit haben. Die setzen wir dann da ein, wo sie ihre Stärken haben.“ Und Beinenz ergänzt: „Diese Mitarbeiter können bei uns eine Strategie erkennen und erkennen, dass die TDH-Gruppe einen klaren Plan und eine klare Ausrichtung hat. Das stellen die Mitarbeiter in den Einstellungsgesprächen fest und spätestens, wenn sie bei uns anfangen, spüren sie das auch. Und vor allem können sie hier im Unternehmen authentisch wirken. Sie können sich einbringen und entfalten. Wir haben auch flache Hierarchien, kurze Wege zur Geschäftsführung. Das birgt viele Vorteile für unsere Mitarbeiter.“ Da sie zudem nicht nur Handel, sondern auch Hersteller seien, hätten sie genügend Möglichkeiten, jungen Menschen Perspektiven, Aufstiegs- sowie Entwicklungsmöglichkeiten auch in den Schnittstellen zwischen Produktion und Handel zu bieten und diese über Weiterbildungen zu fördern.
Parallel Tätigkeit als Hersteller
Denn neben fünf Standorten mit TDH hat das Unternehmen außerdem in Goch mit HSMC eine Produktionsstätte. Wie kam es dazu, Produkte zu entwickeln? „Ich wusste schon immer, dass wir als Handelsunternehmen für unsere Kunden noch interessanter sind, wenn wir auch Hersteller sind“, sagt Beinenz. Durch verschiedene Zufälle und Bekanntschaften sei es dann vor zehn Jahren schließlich final dazu gekommen, dass sie Hersteller wurden, um Nischenprodukte mit Alleinstellungsmerkmal für ihre Kunden zu entwickeln.
Sie hätten dann weitere Produkte für die Bereiche entwickelt, in denen sie als Händler aktiv sind. Seit ungefähr sechs Monaten hätten sie nun ihre Produktion komplett ausgelastet und sie seien deshalb dabei, sehr viel Geld in die Produktion zu investieren und die Produktionskapazitäten zu erhöhen. Hinzu komme, dass sie auch bei den anderen Produkten sehr tief und sehr breit aufgestellt seien, wie Werner ergänzt. So könnten sie besondere Probleme des Kunden individuell lösen.
Aktuell hätten sie ein Projekt im Bereich Brandschutz: Hier sei über fünf Jahre ein neues Schutzprodukt für Feuerlöschleitungen entwickelt worden, das sie auch selbst geprüft haben, um hier einen F90-Feuerwiderstand zu gewährleisten. Mit diesem seien sie nun fast fertig, deutschlandweit werde es derzeit auf 14 Probebaustellen eingesetzt, zusammen mit Brandschutzbeauftragten und Isolierfirmen, die die Verarbeitung begleiten.
Unterstützung durch die Hagebau bei der Strukturanpassung
Das Portfolio des Unternehmens ist somit innerhalb der Kooperation eher ungewöhnlich, wie auch Hartmut Goldboom (Direktor für Gesellschafterentwicklung bei der Hagebau) betont, der ebenfalls bei dem Gespräch dabei war: „Was uns als Hagebau stolz macht, dass sie bei uns Gesellschafter sind: Dass sie eine unglaubliche Spezialisierung aufweisen. Was uns sehr beeindruckt hat war das Thema Patente. Das ist ziemlich einzigartig innerhalb der Hagebau. Und das ganze Thema Schiffbau ist natürlich auch noch mal eine ganz besondere Herausforderung.“
Wie kam es dann überhaupt dazu, dass TDH Gesellschafter der Hagebau geworden ist? „2012 hatten wir 14 Mitarbeiter und einen Standort. Mittlerweile sind wir 104, sind also in dieser Zeit stark gewachsen“, wie Werner ausführt. Dadurch hätten sie verschiedene Strukturen anpassen müssen. Die Hagebau habe sie mit ihrer Organisation dabei unterstützt, zudem sei das Portfolio der Kooperation sehr interessant für sie gewesen mit ihrem Angebot unter anderem an Versicherungen, Fahrzeugeinkauf, Inkasso und Rechtsabteilung. „Die Hagebau war eine sehr gute Entscheidung und hat uns bei vielen Dingen gut geholfen“, so Werner.
Die TDH bestehe dabei nicht nur aus dem Thema Isolierung, wie Goldboom ergänzt. Innerhalb der TDH gebe es durch die damalige WKA Dämmstoffe auch noch das Thema Trockenbau. Deshalb hätten sie Beinenz auch noch in die Dachallianz Fachhandel geholt, wodurch ein guter Wertschöpfungshebel vorhanden sei. „Dadurch haben wir eine tolle Synergie, da der Trockenbau teilweise auch in den Brandschutz übergreift“, so Beinenz. Über die Dachallianz hätten sie so die Möglichkeit, Anschlussprodukte bei den entsprechenden Herstellern zu guten Konditionen einkaufen zu können. Und das betreffe die Vermarktung an all ihren TDH-Standorten. Das komplette Trockenbau-Portfolio wird bei ihnen zwar bisher nur über den TDH-Standort Koblenz verkauft. Aber es gäbe Brandschutzprodukte, die man dem Trockenbauportfolio zuordnen kann, und die könne man auch über die anderen TDH-Standorte vermarkten.
Abgeschlossen ist dieser Prozess dabei noch nicht - die internen Strukturen aufgrund des Wachstums in den letzten Jahren anzupassen sieht Beinenz auch als Herausforderung für sie in der nächsten Zeit. „Die nächsten drei Jahre werden turbulent und interessant werden“, ergänzt Werner. Aber sie seien gut gerüstet und hätten alle Vorkehrungen getroffen, um mit kommenden Ereignissen gut umgehen zu können. „Wir sind der Ansicht, dass Krisen auch immer Chancen sind - das ist zwar ein platter Spruch, aber es ist auch was Wahres dran.“
